Nun ist es schon soooo lange her, dass
wir einen Blogeintrag gepostet haben, sodass dieser bestimmt gaaanz
lang wird, da wir soviel zu erzählen haben. Wo fangen wir denn am
besten an?
Colegio
Nachdem der Sommerdurchgang der
Akademie (Januar bis März) an der Uni angenommen wurde bzw. einen
neuen Versuch wagen muss, wurde im April bei Chance ein ganz neues
Projekt gestartet: eine weiterführende Schule („secundaria“) mit
den Klassenstufen 7 bis 11, in der wir auch Unterrichtsstunden
geben. Sarah hat wieder Englisch unterrichtet und ich (Falko)
Deutsch. Während dieser Zeit wurden uns die Defizite des hiesigen
peruanischen Bildungssystems und deren Auswirkungen einmal mehr
deutlich vor Augen geführt. Es ist hier wirklich nicht leicht weder
Lehrer noch Schüler zu sein. Zum einen gibt es nur eine allgemeine
weiterführende Schule, es wird nicht nach unterschiedlichen Niveaus
getrennt. So langweilen sich die einen und können dir die Antwort
auswendig sagen, während die anderen schwerwiegende
Verständigungsprobleme haben. Bei einer geringen Klassenstärke mag
dies kreativ händelbar sein, bei 25 und mehr SchülerInnen pro
Lehrkraft wird es jedoch für alle superanstrengend. Die
Unterrichtszeiten sind von 7.30 bis 10.30 durchgehend vier Stunden á
45 min, ggf. verschiedene Fächer für alle Klassenstufen gleich.
Dann eine halbe Stunde Pause und dann nochmal das Gleiche von 11h bis
14h. Insgesamt haben sie dann viel mehr Unterrichtsstunden pro Woche
(und weniger Pausen) als in Deutschland. In anderen Schulen sieht das
nicht anders aus. Die Stoffvermittlung ist dementsprehend schwierig,
da Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit bei vielen
SchülerInnen ohnehin schon eher niedrig ist. Manchmal wundere ich
(Falko) mich, warum sie manches einfach nicht verstehen, obwohl ich
den Stoff schon mit sehr einfachen und klaren Erklärungen zu
vermitteln suche. Am Anfang wollte ich viel mehr in eine Stunde
packen, habe es aber stark reduzieren müssen, auch da viel Zeit mit
Ordnung halten drauf geht...Unser Ziel war und ist es neben der
Vermittlung einer fremden Sprache vor allem kommunikative und soziale
Kompetenzen zu stärken und die SchülerInnen zum selber denken
anzuregen. Was für uns total normal scheint, ist hier sehr
ungewöhnlich. So sind unsere SchülerInnen weder thematische
Schüler-Lehrergespräche, noch Partner- geschweige denn
Gruppenarbeit gewöhnt. Beim Großteil der anderen Lehrkräfte gibt
es tolle systematisch ausgefeilte Tafelbilder und langwierige
Monologe mit damit verbundenem stundenlangem Abschreiben, sodass dann
oft keine Zeit mehr für Erklärungen des Stoffs bleibt. Hm...
Eine Änderung dieses Systems ist
vorerst nicht in Sicht. Das Bildungssystem ist in staatliche und
private Schulen unterteilt und die Schule von Chance ist schon eine
private. Es gibt insgesamt mehr private als staatliche Colegios und
innerhalb dieser viele verschiedene Niveau- und Kostenunterschiede
getreu dem Motto: je teurer, desto qualitativ besser.
Nähworkshops
Seit
Anfang März haben wir in den Workshops des Patenschaftsprogramms
auch angefangen T-Shirts zu nähen. Es wurde ganz viel Baumwollstoff
gekauft (als Kilo-, nicht als Meterware!) und dann haben wir mit
Hilfe einer Señora
gelernt, wie man die passenden Stoffteile ausschneidet und
zusammennäht. Es ist nur geringfügig schwieriger als die Beutel,
die wir genäht haben und zur Zeit ist der ganze Raum mit
T-Shirtteilen in verschiedenen Stadien voll – noch nicht
angefangen, halb fertig oder schon abgeschlossen. Mittlerweile sind
über 100 T-Shirts fertig.
Auf zu bekannten Ufern
Nun sind wir schon
über ein Jahr in Peru und am 11. Mai feiern wir unseren 1. Jahrestag
bei und mit CHANCE in Huánuco. Diese Gelegenheit haben wir genutzt,
um Rückschau zu halten und zu überlegen wie es weitergeht mit
unserem Engagement hier. Auf lange Sicht fiel uns auf, dass trotz der
vielen kleinen praktischen Hilfen im Alltag der NGO und einiger
weniger persönlicher Projekte wie die Lehrtätigkeit, das
Ferienangebot oder die heilpädagogische Förderung von Frank uns
wenig Verantwortung übertragen bzw. Aufgaben an uns herangetragen
werden. Vor allem fehlen uns Aufgaben, in denen wir unsere
professionellen Fähigkeiten sowie auch persönliche Gaben einbringen
und weiter entfalten können. Es gab (und wird es bestimmt auch in
Zukunft geben) immer wieder Gelegenheiten in verschiedenen einzelnen
Projekten, in denen wir uns (auch gefühlt) sinnvoll und mit großer
Freude einbringen konnten, jedoch mangelt es diesen an Kontinuität.
Daneben kommt es immer wieder zu Konflikten, die uns verdeutlichen,
dass ein von uns gewünschter Austausch sowohl auf professioneller,
als auch freundschaftlicher Ebene nicht möglich ist. So ist unsere
Unzufriedenheit gewachsen und wir haben nach vielen Gebeten und
Gesprächen beschlossen unseren Dienst hier zu beenden. Da mit der
Unzufriedenheit auch unser Heimweh wuchs, dürft ihr uns nun schon
bald wieder in Deutschland willkommen heissen.=O)
Nun gehören wir auch zur
Patenfamilie
Eine der
Jugendlichen im Patenprogramm, die wir besonders ins Herz geschlossen
haben, hat vor kurzem aus unbekannten Gründen ihre Paten verloren.
Nach einigem Überlegen schlugen wir der Leitung von CHANCE vor, die
Patenschaft zu übernehmen. Als wir der Jugendlichen gestern nach der
monatlichen Patenschaftsgeldübergabe diese Mitteilung überbrachten,
umarmte sie uns ungestüm, hüpfte ganz aufgeregt von einem Bein auf
das andere und meinte: „Ahora estoy feliz!“ („Jetzt fühl ich
mich glücklich!“) und wir mit ihr=O)
Hier noch einige visuelle Eindrücke von den letzten Wochen:
Frank putzmunter beim Stempeln. |
Über Ostern waren wir ein paar Tage in der Selva, im wunderschön grünen Tingo Maria. |
Hier im idyllischen Öko-Hostel durften wir schlummern. |
Ein kulturelles Ereignis in Huánuco: "León de Huánuco" gegen "Sporting Cristal" |
Die Kids üben sich an der Nähmaschine, um die T-Shirts anzufertigen. |
Sarah war vor ein paar Wochen ans Bett gefesselt, da haben ihr die Padrinazgo-Kids Gute-Besserungs-Grüße geschickt! |
Bloß gut kam Falkos Bruder Henrik zu Besuch, so konnte Falko noch auf die Antenne (ein Berg) steigen. |